Manchmal landet Steuergeld wortwörtlich im Abfluss – in Hamburg sogar unter Tonnen von Beton.
Wenn Luxus im Untergrund versinkt

Unter der belebten Mönckebergstraße schlummerte ein Glanzprojekt: Ein unterirdisches WC, das wie eine Boutique aus Glas und Stahl wirkte. Passanten fuhren per Aufzug hinab, standen vor duftenden Räumen, berührungslosen Armaturen und spiegelblankem Keramik.
Heute hört man dort nur das Dröhnen der Mischmaschinen. Seit Montag pumpen Arbeiter Kubikmeterweise Beton in das verwaiste Klo – das stille Örtchen wird endgültig beerdigt. Warum wird eine 2-Millionen-Euro-Toilette zugeschüttet?
Lass uns eintauchen in die Geschichte dieser Luxuslatrine …
Die 2-Millionen-Euro-Idee

2023 beschloss Hamburg, sein traditionsreiches unterirdisches WC am Gerhart-Hauptmann-Platz in ein inklusives Prestigeobjekt zu verwandeln. Lift für Rollstuhlfahrer, genderneutrale Kabine, Wickeltisch – jedes Detail sollte zeigen, wie modern öffentliche Orte sein können.
Die Rechnung: mehr als zwei Millionen Euro. Befürworter schwärmten von einem „Leuchtturmprojekt“ für barrierefreie Infrastruktur, Kritiker sahen bereits damals ein Geldgrab. Doch noch ahnte niemand, wie schnell der Glanz verblassen würde.
Bleib dran, denn jetzt kommt der dramatische Wendepunkt …
Drei Monate Ruhm, dann der Wassereinbruch

Am 2. Oktober 2023 eröffnet, am Neujahrstag 2024 schon wieder dicht: braune Brühe statt Seifenblasen. Ein mysteriöser Wasserschaden ließ das High-Tech-WC innerhalb weniger Wochen verrotten. Wasser schoss aus Wänden und Boden, Fliesen lösten sich – die Silvesterrakete unter den Klo-Katastrophen.
Gutachter gruben sich durch Rohre, doch die Ursache blieb nebulös. Baufehler? Grundwasser? Versehentlich angebohrte Leitung? Niemand wollte die Verantwortung übernehmen – und die Kosten stiegen weiter. Im Hintergrund begann ein zähes Ringen zwischen Stadt, Baufirmen und Versicherungen.
Gleich wird klar, warum aus Streit Stillstand wurde …
Gutachten, Streit, Stillstand

Monatelange Expertisen, endlose Sitzungen im Rathaus: Jeder zeigte mit dem Finger auf den anderen. Die Stadtreinigung kalkulierte eine erneute Sanierung – Fertigstellung frühestens 2027. Noch einmal Hunderttausende Euro für Pumpen, Bauzäune und Rechtsberater.
Unterdessen verwandelte sich der Zugang zum Edel-Klo in eine trostlose Baustelle, gespickt mit Warnschildern und sarkastischen Post-its der Passanten. Geduld und Steuerkasse hielten nicht ewig – es brauchte eine radikale Entscheidung.
Jetzt betreten wir den Tag, an dem der Betonmischer vorfuhr …
Der radikale Schnitt am 21. Oktober 2025

Bezirksamtsleiter Ralf Neubauer (SPD) zog den Stecker: Schluss mit Flickwerk, Schluss mit Gutachten – das Loch wird verfüllt. Binnen Stunden verschwand der Aufzugsschacht unter grauer Masse; das teuerste Klo der Stadt wurde sein eigener Sarg.
Für Neubauer war es „besser, gutes Geld nicht weiter schlechtem Geld hinterherzuspülen“. Eine letzte Spülung also, aber diesmal mit Zement. Hamburg hat damit vielleicht das solideste – und nutzloseste – WC-Monument Deutschlands geschaffen.
Was bleibt den Hamburgern jetzt, wenn’s pressiert? Das klären wir gleich …
Was bleibt – und was kommt

Wer dringend muss, wird vorerst auf ein provisorisches, oberirdisches Container-Klo am Gerhart-Hauptmann-Platz verwiesen. Weniger Glanz, aber trockene Füße sind garantiert. Parallel prüft die Stadt, ob einfache Stahlmodule dauerhaft genügen – und ob die Beton-Gruft später als Mahnmal gegen Steuerverschwendung erhalten bleibt.
Die 2-Millionen-Euro-Toilette ist Geschichte, doch ihre Lehre spült noch lange nach: Manchmal ist der direkte Weg zur Spülung kürzer als jeder Sanierungsplan. So endet ein stadtbekanntes Luxusprojekt – unter einer harmlosen Pflastersteinplatte, über der täglich Tausende Menschen laufen, ohne zu ahnen, was darunter begraben liegt.