Ein Vorschlag, der das Land spaltet: Der renommierte Ökonom Marcel Fratzscher fordert ein verpflichtendes soziales Jahr für alle Rentnerinnen und Rentner – und entfacht damit eine hitzige Debatte über Solidarität, Generationengerechtigkeit und die Grenzen des Zumutbaren.
Fratzschers Paukenschlag

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung hält die Zeit für gekommen, das „Ungleichgewicht zwischen Jung und Alt“ radikal zu beseitigen. In Interviews erklärte er, nur ein Pflichtdienst könne die dringendsten Personalengpässe in Pflege, Gesundheit und sogar bei der Bundeswehr entschärfen.
Erstmals schlägt somit ein Spitzenökonom vor, den Ruhestand zur gesellschaftlichen Ressource zu machen. Aber warum gerade jetzt – und warum so drastisch? Lassen Sie uns gleich hinter die Zahlen blicken.
Zahlen, die Angst machen

Fratzscher rechnet vor: Bald müssten zwei Beitragszahler eine Rentnerin oder einen Rentner finanzieren – in den 1960ern waren es noch sechs. Ein „neuer Generationenvertrag“ solle verhindern, dass Sozialabgaben explodieren und die junge Generation kollabiert.
Sein Gegenrezept: Rentner spenden Zeit statt Geld. Doch wie reagieren jene, die plötzlich wieder Dienst leisten sollen? Das Stimmungsbarometer schlägt bereits jetzt heftig aus – und die Emotionen kochen hoch.
Empörung im Netz

Innerhalb von Stunden trendete der Hashtag #Pflichtjahr auf X (ehemals Twitter). Zwischen Zustimmung („Endlich ein fairer Vorschlag!“) und wildem Protest („Zwangsarbeit für Oma?“) prallten Weltbilder aufeinander.
Prominente Stimmen wie AfD‐Politiker René Springer oder BSW‐Gründerin Sahra Wagenknecht nannten den Vorstoß „respektlos“ und „zynisch“. Die Kontroverse gewinnt Fahrt – doch sie ist längst nicht auf Parteipolitik beschränkt. Werfen wir nun einen Blick auf die mächtigen gesellschaftlichen Gruppen, die sich einmischen.
Gewerkschaften schlagen Alarm

Der Deutsche Gewerkschaftsbund warnt: Wer jahrzehntelang geschafft habe, verdiene Ruhe statt Dienstverpflichtung. Zudem drohe ein Keil zwischen Alt und Jung – die wahre Spaltung verlaufe zwischen Arm und Reich.
Auch der Sozialverband Deutschland geht auf die Barrikaden und erinnert daran, dass viele ältere Menschen selbst am Existenzminimum leben. Doch nicht nur die klassischen Verbände melden sich – ausgerechnet aus den Reihen der Wirtschaft kommen ungewohnt wohlwollende Töne. Das dürfte den Ton im politischen Berlin verändern.
Wirtschaft lobt „unerschlossene Fachkräfte“

Mehrere mittelständische Unternehmer erkennen in erfahrenen Rentnern eine „unsichtbare Reserve“ technischer Kompetenz. Fratzschers Idee könne helfen, Wissen zu sichern und Fachkräftelücken zu schließen, heißt es in Branchenkreisen.
Damit bekommt die Debatte eine völlig neue Wendung: Plötzlich steht nicht mehr nur Moral im Raum, sondern handfester ökonomischer Nutzen. Ob das reicht, um politische Blockaden zu lösen, zeigt sich in der nächsten Runde.
Wahlkampfturbo oder Rohrkrepierer?

Im Superwahljahr 2026 könnte das Rentner‐Pflichtjahr zur größten Streitfrage werden. Während Teile der Ampel‐Koalition leise Sympathien signalisieren, kündigt die Opposition erbitterten Widerstand an.
Strategen sehen darin einen „Game Changer“ für Wahlprogramme – doch noch fehlt der entscheidende juristische Hebel, um eine Pflicht einzuführen. Wie konkret könnten Lösungen aussehen? Drei Szenarien liegen bereits auf dem Tisch.
Drei Wege in die Zukunft

1. Freiwilliges Plus: Ein steuerlich geförderter Dienst für Rentner als sanfte Variante.
2. Staffel‐Modell: Pflichtjahr nur für künftige Ruheständler, die ab 2030 in Rente gehen.
3. Harte Linie: Allgemeine Dienstpflicht ab dem 65. Lebensjahr mit wenigen Ausnahmen.
Welches Modell sich durchsetzt, entscheidet sich in den kommenden Monaten – und das letzte Wort haben weder Ökonomen noch Politiker, sondern die Gesellschaft selbst. Die Diskussion hat gerade erst begonnen, und sie verspricht, unsere Vorstellung vom Ruhestand nachhaltig zu verändern.