
Kaum jemand spricht gern darüber, doch jeder steht früher oder später vor der Frage: Wie viel Trinkgeld ist beim Friseur angemessen – und was verrät die gewählte Summe über uns? In Zeiten hoher Preise, Kartenzahlung und Social-Media-Salons scheint die alte Faustregel plötzlich brüchig.
Woher die deutsche Trinkgeld-Tradition tatsächlich stammt

Von den ersten Herrensalons des 19. Jahrhunderts bis zum hippen Barbershop von heute war Trinkgeld immer ein stilles Dankeschön – und ein willkommenes Zusatzeinkommen. Schon in Kaiserzeiten galt, dass eine kleine Münze nicht nur Service, sondern auch Atmosphäre belohnt.
Während Restaurantgäste ihr „Aufrunden“ öffentlich zeigen, passiert das Trinkgeld beim Friseur oft diskreter – am Empfang oder direkt in die Hand. Gerade deshalb ist Unsicherheit groß, denn niemand möchte geizig wirken.
Und wie viel Prozent gelten 2025 wirklich als chic?
Die aktuelle Faustregel: **Fünf bis zehn Prozent** – doch es gibt eine versteckte Obergrenze

Für einfache Trockenschnitte wird immer noch meist aufgerundet: Aus 28 € werden 30 €. Bei aufwendigen Colorationen bleibt es häufig bei rund zehn Prozent, sofern die Rechnung unter 100 € liegt. Steigt der Preis, pendelt sich der Tipp näher an fünf Prozent ein – ein inoffizielles „Cap“, das selbst Knigge-Experten bestätigen.
Nach Jahren hoher Inflation hat sich allerdings ein neuer Trend etabliert: Viele Kunden geben lieber einen glatten Schein (etwa 5 €) statt stur zu rechnen. So bleibt der Betrag überschaubar – und das Lächeln des Stylists garantiert.
Doch was passiert, wenn plötzlich Promis im Salon sitzen?
Wenn Stars die Schere schwingen lassen: XXL-Tipps für Insta-Moment & PR

Ob B-Star oder Bundesliga-Profi – wer sich im Szene-Salon zeigen lässt, greift oft tief in die Tasche. Tipps von 50 € aufwärts sind keine Seltenheit, vor allem wenn der Friseur sein Werk auf Social Media teilen darf. Der großzügige Obolus bewahrt das Gesicht des Promis und zahlt gleichzeitig auf sein Image ein.
Solche Stories machen die Runde und setzen normale Kunden mitunter unter Druck. Saloninhaber winken ab: „Ein tolles Lob bringt uns langfristig mehr als ein XXL-Trinkgeld.“
Aber landet das Geld überhaupt bei den richtigen Händen?
Der Mythos Trinkgeldtopf: Wer bekommt wie viel?

Viele Salons sammeln im Gemeinschaftsglas an der Kasse. Am Abend wird nach Arbeitsstunden oder Team-Absprachen verteilt. Azubis erhalten bis zu 30 % Anteil, in reinen Stylisten-Teams sogar gleichberechtigt. Mancher Chef gibt sich großzügig – andere streichen ihren Teil komplett.
Transparenz ist hier das Zauberwort: Wer nachfragt, zeigt nicht Misstrauen, sondern Wertschätzung für das Team.
Was aber, wenn niemand mehr Bargeld in der Tasche hat?
Kartenzahlung & QR-Code: Willkommen im Zeitalter des digitalen Trinkgelds

Moderne Kassensysteme blenden heute auf dem Terminal vorgegebene Tipp-Buttons ein: +1 €, +2 €, +5 €. Alternativ liegt ein QR-Sticker auf dem Spiegel; einmal gescannt, fließt das Trinkgeld per Apple Pay, Google Pay oder PayPal direkt aufs Mitarbeiterkonto – meist sogar bis zu 30 % höhere Beträge als bar.
Datenschutz & Steuerfragen? Solange der Betrag freiwillig und direkt vom Kunden kommt, bleibt er steuerfrei. Der digitale Weg schafft also Sicherheit – und ermöglicht Trinkgeld sogar dann, wenn man nur das Smartphone dabeihat.
Doch darf das Finanzamt wirklich nie mitkassieren?
Steuerfrei, aber nicht grenzenlos: Was das Gesetz wirklich sagt

Seit 2002 sind freiwillige Trinkgelder für Arbeitnehmer komplett steuerfrei – egal ob bar, per Karte oder QR-Code. Die einzige Bedingung: kein Rechtsanspruch darf bestehen. Bei fünfstelligen Summen prüft das Finanzamt allerdings genauer, ob es sich noch um ein Trinkgeld oder schon um versteckten Lohn handelt.
Für Salongäste heißt das: Wer fünf oder zehn Euro extra gibt, muss sich keine Sorgen machen. Für Friseur:innen bleibt der Tipp ein steuerfreier Bonus, der den oft niedrigen Tariflohn aufpeppt. Damit steht fest: Das kleine Dankeschön bleibt auch 2025 ein wichtiger Teil der Beauty-Kultur – und du weißt jetzt genau, wie viel Wertschätzung angemessen ist.