Ein Trend sorgt für Entsetzen: In polnischen Innenstädten ziehen Jugendliche in grellen Warnwesten los, filmen heimlich junge Mädchen und stellen die Aufnahmen anschließend brutal kommentiert ins Netz. Die sogenannte „Huren-Patrouille“ („Szon Patrol“) explodierte erst in den Sommerferien – jetzt eskaliert sie.
Was steckt hinter der „Huren-Patrouille“?

Der Begriff kommt aus dem Polnischen: „Szon“ ist abwertender Slang für „Schlampe“, „Patrol“ bedeutet Streife. Unter diesem Banner ziehen vor allem männliche Teenager und Twentysomethings durch Einkaufszentren, Parks und Bushaltestellen. Ihr Ziel: Frauen und Mädchen mit vermeintlich „zu freizügiger“ Kleidung – oft sind ihre Opfer erst 13 oder 14 Jahre alt.
Per Smartphone filmen sie Sekunden-Clips, schneiden beleidigende Untertitel darunter und laden das Material auf TikTok, Instagram Reels oder Telegram-Kanäle. Die Videos verbreiten sich in Echtzeit, Likes und Häme prasseln tausendfach auf die Betroffenen ein. Die Scham bleibt – das Netz vergisst nichts.
Weiter geht’s mit der Frage, wer diesen Hass organisiert …
Die selbsternannten Sittenwächter

Erkennungszeichen sind neongelbe Westen mit dem Aufdruck „SZON PATROL“. Viele Träger sind minderjährig, manche tragen sogar Bodycams, um ihre „Einsätze“ zu dokumentieren. Hinter den Accounts stecken jedoch ältere Aktivisten, die den Nachwuchs anstacheln. Rechte Influencer liefern moralische Kampfansagen, Clips mit Marschmusik schaffen den Soundtrack.
Wer glaubt, das seien Einzelfälle, irrt: Laut polnischen Kinderschutz-Apps kursierten innerhalb weniger Wochen über 12 000 Videos. Die Organisatoren feiern jeden Upload als „Sieg gegen Unmoral“ – während die Mädchen zu Gespött ihrer Schulen werden.
Doch die digitale Jagdzone dehnt sich aus – und der Pranger wird noch gnadenloser …
So perfide läuft die Bloßstellung im Netz

Die Täter filmen aus Hüfthöhe, um unbemerkt unter Röcke oder Shorts zu halten. Ein schneller Zoom, ein höhnischer Kommentar – fertig ist viraler Content. Parallel posten Fans Standorte der nächsten „Mission“, sodass ganze Gruppen anrücken können. Unter #SzonPatrol häufen sich Collagen, Memes und Rankings der „schlimmsten Outfits“.
Schutzlos ausgeliefert bleiben die Mädchen meist bis eine Lehrerin, ein Bruder oder ein Freund den Clip entdeckt. Oft ist es dann zu spät: Der Ausschnitt wurde längst gespeichert, gespiegelt, remixt. Ein Albtraum, der sich mit jedem Share vervielfacht.
Damit rückt die Polizei in den Fokus – doch wie weit reicht das Gesetz?
Rechtslage und Behördenreaktionen

Rein juristisch sind heimliche Videoaufnahmen in Polen wie in Deutschland strafbar. Doch weil viele Täter selbst unter 18 sind, stoßen Ermittler auf Hürden des Jugendstrafrechts. Außerdem verlagern sich Daten blitzschnell auf ausländische Server. Die Folge: Löschanträge prallen ab, Strafanzeigen versanden.
Erst als Elternverbände Presse und Politik alarmieren, kommt Bewegung hinein: Die Regierungsbeauftragte für Kinderschutz verspricht Taskforces, ein Abgeordneter fordert Netzsperren für einschlägige Hashtags, und TikTok meldet inzwischen zehntausende gelöschte Clips.
Doch der lauteste Protest kommt jetzt von ganz anderer Seite …
Gegenbewegung & Prominente Solidarität

Fernsehstars wie Sängerin Roxie Węgiel posten Selfies in Minirock mit dem Hashtag #MojeCiałoMojaSprawa („Mein Körper, meine Sache“) und rufen ihre Millionen-Follower zur Meldung jeder „Patrouillen“-Seite auf. Innerhalb von 48 Stunden verschwinden über 15 000 Dateien; ein erster TikTok-Trend macht aus dem gelben Westen ein Symbol der Scham für die Täter selbst.
Parallel bilden sich „Safe Walk“-Gruppen, die Mädchen nach Konzerten oder Shoppingtouren begleiten. Influencer erklären, wie man Kamera-Linsen erkennt und Beweise sichert. Plötzlich schlägt Online-Hass auf seine Urheber zurück – das Momentum kippt.
Was bleibt also zu tun, damit betroffene Mädchen nicht länger alleinstehen?
Was wir alle jetzt tun können

Erste Schulen testen digitale Notfallknöpfe in Klassenchats: Ein Klick, und Lehrkräfte erhalten sofort Screenshot, Link und Standort. Eltern laden Monitoring-Apps, um Uploads ihrer Kinder schneller zu stoppen. Juristen drängen auf eine Gesetzesnovelle, die heimliches Filmen Minderjähriger als Offizialdelikt einstuft.
Und jeder von uns kann digitale Zivilcourage zeigen: Melden statt teilen, Betroffene aktiv unterstützen, gelöschte Inhalte nicht heimlich sichern. Denn ob dieser Trend verebbt oder weiter wütet, entscheidet am Ende nicht die „Huren-Patrouille“ – sondern unser aller Klick.