Ein Osttiroler Hüttenwirt entfacht eine Debatte, die weit über die Alpen hinaus hallt: Weil er vegane Gerichte für „zu viel Aufwand“ hält, verweigert er deren Aufnahme in die Speisekarte – und trifft damit einen Nerv in einer Zeit, in der pflanzliche Ernährung boomt. (focus.de)
Auf 2121 Metern kocht die Tradition hoch

Die Johannishütte am Großvenediger serviert ausschließlich Speisen mit tierischen Produkten – Käseknödel, Speckbrot, Almbutter. Wirt Leonhard Unterwurzacher sagt, er wolle regionale Viehwirtschaft stärken und habe schlicht keine Kapazität für vegane Extras. (focus.de)
Gäste mit Laktose- oder Glutenunverträglichkeit können Sonderwünsche anmelden, Veganer*innen sollen sich „aus den Beilagen etwas zusammenstellen“. Für ihn sei Veganismus eine Wahl, keine Notwendigkeit. (focus.de)
Lassen wir nun die Kritik zu Wort kommen – und die kommt nicht nur aus der Großstadt …
Gemüsebauern schlagen Alarm

Stefan Müßigang, Obmann der Tiroler Gemüsebauern, findet die Argumentation gefährlich: Wer regionale Vielfalt beschwöre, müsse auch heimisches Obst und Gemüse wertschätzen. Er warnt vor einem falschen Bild der Landwirtschaft als reines Fleisch- und Milchidyll. (tt.com)
Seine Kritik erhält Rückenwind von Ernährungsinitiativen, die darauf hinweisen, dass pflanzliche Optionen längst Standard seien – selbst auf hochalpinen Hütten. Die Debatte rückt damit das Image Tirols als kulinarische Destination in den Fokus.
Weiter geht es mit den Stimmen der Wandernden, die täglich vor der Hüttentür stehen …
Hüttengäste zwischen Genuss und Gewissen

Viele Bergsportler*innen zeigen Verständnis für Tradition, wünschen sich aber wenigstens ein warmes veganes Tagesgericht. In sozialen Medien sammeln sich Erfahrungsberichte: Von eigenem Tofu im Rucksack bis hin zu enttäuschten Tagesausflügen, weil „nur Speckbrettln“ auf der Karte stehen.
Andere applaudieren dem Wirt für seine „klare Kante“ gegen angeblichen Ernährungstrend-Zwang. Die Kommentarschlachten offenbaren, wie emotional Esskultur und Identität verknüpft sind.
Doch was bedeutet das für die Wirtschaft in der Region? Schauen wir auf die Zahlen …
Alpine Gastronomie im Spagat

Laut Tourismusverband Osttirol stieg die Nachfrage nach vegan-freundlichen Betrieben in den letzten Jahren zweistellig. Hütten, die pflanzliche Optionen anbieten, melden längere Aufenthaltsdauer und höhere Umsatzkorbe pro Gast.
Gleichzeitig betonen Wirtschaftskammern, dass kleinere Betriebe oft personelle Grenzen haben. Die Johannishütte zählt im Hochsommer täglich bis zu 300 Besucher – allein die Logistik für Frischware bleibt eine Herausforderung auf 2121 Metern.
Bleibt die Frage: Bleibt alles wie es ist – oder kippt der Trend die Waage?
Was als Nächstes auf der Speisekarte stehen könnte

Der Deutsche Alpenverein prüft laut Insiderkreisen gerade Handlungsempfehlungen, um einheitliche Mindestangebote für Allergiker- und Veganerküche festzulegen. Würde das kommen, müsste auch Unterwurzacher nachrüsten – oder mit Vertragsstrafen rechnen.
Bis dahin bleibt die Johannishütte Symbol für den Kulturkampf am Kochlöffel: Tradition gegen Transformation, Butter gegen Haferdrink. Ob die Speisekarte der Zukunft eher Käseknödel – oder Kichererbseneintopf – enthält, entscheidet sich wohl erst in der nächsten Saison. Spannung garantiert. (focus.de)