Eine 42-jährige Frau aus Leoben macht ihre unheilbare Krebsdiagnose öffentlich und berührt damit eine ganze Region – doch das ist erst der Anfang ihrer Geschichte.
Die mutige Botschaft aus dem Krankenhausbett

Als die Leobenerin – auf Instagram besser bekannt unter dem Spitznamen „Steirermadl42“ – vor wenigen Stunden ihr Video hochlädt, herrscht atemlose Stille unter ihren Followern. „Die Therapien sind nur lebensverlängernd“, sagt sie mit fester Stimme, während Infusionsschläuche über ihre Schulter gleiten. Unheilbar. Metastasen. Kein operativer Ausweg mehr.
Gleichzeitig strahlt sie eine fast trotzig wirkende Zuversicht aus: „Ich will, dass ihr wisst, worauf ihr euch mit mir einlasst – mein Leben dauert vielleicht kürzer, aber es ist jetzt intensiver.“ Damit verschiebt sie den Fokus von Angst auf Lebensqualität.
Weiter geht’s mit den Reaktionen, die sie damit ausgelöst hat.
Eine Welle der Solidarität rollt durch die Steiermark
Binnen Stunden fluten über 30.000 Kommentare ihr Profil: virtuelle Kerzen, Gebete, Spendenzusagen. Sogar der Bürgermeister von Leoben schickt öffentliche Genesungswünsche und bietet eine Ehrenurkunde für ihre „bemerkenswerte Offenheit“ an.
Unter den Unterstützern finden sich auch Prominente: Eine bekannte österreichische Sängerin verspricht ein Benefizkonzert, ein Fußball-Bundesligist lädt die Familie ins Stadion ein. Der digitale Schulterschluss zeigt, wie sehr Krankheit in Zeiten sozialer Medien zu einer gemeinschaftlichen Erfahrung werden kann.
Doch was genau bedeutet eine „lebensverlängernde“ Therapie medizinisch?
Zwischen Hoffnung und Endlichkeit – was die Ärzte wirklich sagen
Ihre Onkologen setzen auf eine Kombination aus zielgerichteten Antikörpern, moderner Immuntherapie und niedrig dosierter Chemo – nicht um zu heilen, sondern um Tumorwachstum zu bremsen. Durchschnittlich gewinne man damit sechs bis zwölf Monate, erklären sie, manchmal auch mehr.
Gleichzeitig betonen Palliativmediziner, dass Lebensqualität Vorrang hat: Schmerzfreiheit, Atemerleichterung, psychologische Begleitung. So entsteht ein Balanceakt zwischen hochkomplexen Behandlungen und ganz einfachen Bedürfnissen wie Lachen oder gutem Schlaf.
Wie lebt man, wenn man weiß, dass die Uhr lauter tickt?
Familienalltag auf Zeit – und eine prall gefüllte Wunschliste
Zu Hause in ihrer Leobener Wohnung hängt nun ein Kalender voller Post-its: Paragleiten über dem Erzberg, ein Tattoo mit ihrer Tochter, eine Nacht allein im Planetarium Judenburg. „Ich plane keine Sterbe-, sondern Lebenstermine“, sagt sie.
Ihr Partner nimmt unbezahlten Urlaub, die beste Freundin hat den Kühlschrank mit steirischer Kernölspezialität gefüllt, weil „Essen Trost ist“. Trotz Müdigkeit dokumentiert die 42-Jährige alles in kurzen Clips – ein digitaler Schatz für ihre Kinder, sollte sie fehlen.
Doch ihre Geschichte bewegt nicht nur das Private – sie trifft einen gesellschaftlichen Nerv.
Wenn Offenheit Tabus sprengt: Krebs geht uns alle an
Palliativstationen berichten seit dem Posting von vermehrten Anfragen, Krankenkassen verzeichnen einen sprunghaften Anstieg bei Vorsorgeuntersuchungen. Selbst Schulen greifen das Thema in Ethikstunden auf: Wie spricht man über Sterben, ohne zu verstummen?
Experten loben ihren „Aufklärungs-Influence“, weil er Angst nimmt und Fragen provoziert. Zugleich mahnen sie, dass nicht jede*r Betroffene die Kraft für solche Öffentlichkeit hat – und verlangen mehr psychologische und finanzielle Unterstützung im System.
Am Ende steht dennoch eine ganz persönliche Zukunftsvision.
Ihr letzter großer Plan: Ein Fest der Lebensfreude
An ihrem nächsten Geburtstag – Termin offen, je nach Gesundheitszustand – will sie eine Open-Air-Party im Leobener Glacispark feiern. Statt Geschenken bittet sie um Spenden für die regionale Krebshilfe. Musiker haben bereits zugesagt, Food-Trucks stehen parat, die Stadt stellt die Bühne kostenlos.
„Ich entscheide selbst, wann Schluss ist“, sagt sie lächelnd. „Und bis dahin tanzen wir durch jede Minute.“ Eine Aufforderung, die weit über Leoben hinaus hallt – und uns daran erinnert, dass Lebensfreude manchmal das stärkste Mittel gegen die Vergänglichkeit ist.
Lasst uns gespannt bleiben, welche Kapitel sie bis dahin noch schreibt.